StadtA Zwickau, A*A III 1, Nr. 17
Die politische Bedeutung der blühenden Stadt Zwickau, gestützt auf ökonomische Potenz vor allem in Form der direkten und indirekten Beteiligung am Schneeberger Silberbergbau und auf eine breite Gewerbeentwicklung, aber auch auf die Handel befördernde, verkehrsgünstige Lage, korrespondierte mit dem Bildungsniveau des städtischen Bürgertums, dessen Mitglieder im Rat vielfältige Beziehungen zu den zeitgenössischen Protagonisten der wissenschaftlichen und reformatorischen Bewegung, insbesondere Luther und Melanchthon, unterhielten. Die Stadt war damit Teil eines wirtschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Netzes weit über ihre Grenzen hinaus. Aufstrebendes Stadtbürgertum, selbst landesherrlich vielfältig gefördert und privilegiert, trat gleichzeitig in Konkurrenz zum ebenfalls erstarkenden sächsisch-ernestinischen Territorialstaat. Durch die reformatorischen Ereignisse in direkten Gegensatz zu beiden Kräften geratend, stritt die römische Kirche als dritter Machtfaktor um den Erhalt ihrer althergebrachten Privilegien. Einen Kernpunkt in diesen Auseinandersetzungen bildete das wichtige Recht, über die Besetzung städtischer Predigerstellen befinden zu können. Luthers ursprüngliche Auffassung, die christliche Gemeinde solle ihren Prediger selbst wählen, erfuhr durch die Ereignisse des Jahres 1525 eine radikale Wendung insofern, als Luther dieses Recht nicht als „müntzerischen“ Angriff auf die städtische und landesherrliche Obrigkeit verstanden wissen wollte. Zur Verhinderung weiteren ordnungsgefährdenden Aufruhr lehnte sich Luther stärker an die in der selben Zielsetzung vereinten Obrigkeiten an. Zwischen diesen entbrannte nach Ausschluss des Mitspracherechts der Gemeinde nun ihrerseits der Kampf um den bestimmenden Einfluss auf die städtische Kirchenpolitik. Zum Bruch zwischen Rat und Luther kam es, als Ersterer die Prediger Soranus und Cordatus ohne Wissen und Einverständnis des Stadtpfarrers Hausmann wegen fortgesetzter öffentlicher Reden gegen den Rat und die Gemeinde entließ. Gegen diese Handlungsweise protestierte Luther in einem Brief vom 4. März 1531, in dem er den Rat scharf angriff und ihm verdeutlichte, dass der Prediger „nicht ewr knecht vnd yhr der kirchen herr nicht seid, Auch solches ampt nicht so stelen vnd rauben mugt ewrs gefallen, wenn vnd wem yhr wollet, Sondern dem landesfursten geburt, bis die sache mit den bisschouen geendet.“ Im Kampf um das Regiment städtischer Kirchenpolitik unterlag letztendlich der Rat dem Kurfürsten.